Vorbemerkung von Johannes Feest
Der Corona-Virus stellt in geschlossenen Institutionen für die dort Untergebrachten wie für das Personal dieser Einrichtungen eine besondere Gefährdung dar. Das ist ein Sachverhalt, der auf diesem Blog bereits in mehreren Beiträgen aus der Sicht von Außenstehenden (insbesondere internationalen NGOs) dargestellt worden ist. Er hat auch zu rechtspolitischen Forderungen geführt, insbesondere nach möglichst weitgehender Entlassung der Gefangenen bzw. Untergebrachten. So wird der Mitbegründer des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie, Arno Pilgram mit den sehr begrüßenswerten Worten zitiert, es gehe darum „jeden Haftaufenthalt zu vermeiden oder auszusetzen, der nicht als Sicherheitsmaßnahme für die Gesellschaft gegenüber hochgefährlichen Personen zwingend geboten erscheint“. Das ist eine praktisch abolitionistische Forderung. Viele Strafvollzugsverwaltungen haben begriffen, dass eine Entlastung der Anstalten auch in ihrem Interesse liegt. Meist werden dabei aber nur mehr oder weniger kurze Freiheitsstrafen in Betracht gezogen.
Wie aber sieht die Situation aus der Sicht der Betroffenen, insbesondere der Sicht von Gefangenen aus. Einer der führenden Intellektuellen im deutschen Justizvollzug ist Thomas Meyer-Falk. Er sitzt seit seiner Festnahme 1996 in Haft: erst in Isolationshaft in Stuttgart Stammheim bis Frühling 1998, dann etwas „gelockert“ im bayrischen Straubing, seit Herbst 1998 in Isohaft in Bruchsal. Verurteilt wurde er 1997 wegen eines Bankraubs mit Geiselnahme, mittels dessen Geld für legale und illegale linke politische Projekte organisiert werden sollte. Später kamen weitere Verurteilungen hinzu, wegen Äußerungen gegen Juristen bzw. Politiker, die er während des Vollzuges gemacht hatte und die von Strafgerichten als Beleidigungen, Nötigungen oder Bedrohungen betrachtet wurden. Seit Verbüßung von mehr als 16 Monaten Freiheitsstrafe befindet Meyer-Falk sich in der zusätzlich angeordneten Sicherungsverwahrung. Im Vollzug hat er sich mehr und mehr zu einem kritischen Berichterstatter über die Haftbedingungen in Deutschland entwickelt. Eine Sammlung seiner Texte ist für € 9,90 beim Blaulichtverlag, Helmstedt erhältlich. Weitere Texte finden sich auf der Webpage https://freedomforthomas.wordpress.com. Hier sind die Links zu seinen drei Texten zum Thema Corona und ein neueres Interview:
https://www.freie-radios.net/101413, live gesendet am 7.4.2010
https://freedomforthomas.wordpress.com/2020/04/05/corona-und-das-kontaktverbot-aus-gefangenensicht/ ,veröffentlicht am 5.April 2020
https://freedomforthomas.wordpress.com/2020/04/01/weitere-aenderungen-in-freiburger-jva-wegen-corona/ ,veröffentlicht am 1.April 2020.
https://freedomforthomas.wordpress.com/2020/03/26/erster-toter-nach-besuchsverbot-im-deutschen-knastwesen/ ,veröffentlicht am 26.März 2020.